Kostensteigerungen beim Kita- Essen: Wohlfahrtsverbände befürchten soziale Verwerfungen.

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Preise erhöhen sich auf bis zu 7,50 Euro

Bei einem Pressegespräch machten die Vertreter:innen der Chemnitzer Liga der Freien Wohlfahrtspflege auf mögliche Auswirkungen der Kostensteigerungen für die Gemeinschaftsversorgung in den Kindertageseinrichtungen aufmerksam. "Wir stellen uns klar auf die Seite der Eltern", betont Karla McCabe, Sprecherin der Liga und Direktorin der Stadtmission Chemnitz. Nach der jüngsten Erhöhung beziffert McCabe die Preise für Frühstück, Mittag und Abendessen in den 42 Kindertageseinrichtungen der Liga-Träger auf mehr als 6,50 €. Eine weitere Steigerung steht den Eltern nun mit der Einführung des neuen Mindestlohns, ab dem 1. Oktober, ins Haus. „Alle Kita- Träger rechnen mit Preisen von bis zu 7,50 Euro im Herbst, dazu kommen noch gestiegene Beiträge für den Kita-Platz.“, ergänzt Ines Neubert, Geschäftsführerin der Chemnitzer AWO.

 

Für eine Familie mit zwei Kindern und je einem 9- Stunden Platz in Krippe und Kindergarten bedeutet das ein Plus von bis zu 700,- Euro pro Jahr. „Die Träger unternehmen alles, um den Erhöhungen gegenzusteuern und Eltern zu entlasten. Aber mit der Nutzung und Nachverhandlung von Rabatten sowie der Abnahme großer Mengen sind die Möglichkeiten ausgeschöpft“, erläutert Ines Neubert. Zudem verlangen Lieferanten sogenannte Stopp- Pauschalen für Lieferungen, die durch die hohen Spritpreise neu sind. „Und natürlich schlagen hohe Energiepreise und vor allem gestiegene Personalkosten auf die Herstellung des Essens durch.“, führt die AWO- Geschäftsführerin weiter aus.

Negative Auswirkungen auf die Kita- Betreuung möglich

Für Familien aus dem Mittelstand sind die Preissteigerungen ärgerlich und eine finanzielle Herausforderung. In eine verzweifelte Situation aber geraten Menschen, deren Einkommen sich knapp oberhalb des Rahmens bewegt, in dem die staatliche Hilfe greift. Eine alleinerziehende Mutter hatte sich mit ihrem Hilferuf an die Stadtmission Chemnitz gewandt: Sie werde, heißt es in dem Schreiben, ihren Job kündigen und damit komplett auf Arbeitslosengeld und Sozialhilfe bauen. Da sie bisher Vollzeit für ein sehr geringes Einkommen arbeite, wisse sie keine andere Möglichkeit, den Kita-Platz für ihre kleine Tochter zu halten. „Diese Menschen sehen einer bisher unbekannten Welle von persönlichen Einschränkungen entgegen“, fürchtet Karla McCabe und appelliert an alle verantwortlichen Politiker:innen umzudenken, bevor die absehbaren Folgen des sozialen Abbaus in der Gesellschaft außer Kontrolle geraten. „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir in der einen Brotbüchse Bio, in der anderen Fertigprodukte haben und die dritte Brotbüchse fehlt.“, beschreibt Karla McCabe die Folgen.

Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Entwicklungschance

Aber nicht nur diese Auswirkungen bereiten den Liga-Vertreter:innen Sorge. „Das Essen in Krippe und Kindergarten geht über die reine Nahrungsaufnahme hinaus“, weist Sabine Geck, örtliche Caritas-Geschäftsführerin, auf pädagogische Standards hin. „Es ist noch nicht lange her, da standen die gesunde Ernährung und qualitatives Essen im Mittelpunkt der Debatten“, erinnert sie sich und weiter: „Elementar sind Ernährungsbildung, Erforschung, Kommunikation, Gemeinschaft und auch Struktur mit der Esssituation verbunden“. „Wir begreifen die Kita als Bildungseinrichtung und bedauern, dass dieser ganzheitliche Blick in den Kostendiskussionen nicht berücksichtigt wird.“, stimmt Carsten Tanneberger, Regionalleiter beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen, zu.

 

Ein wachsendes Problem bedeuten die Preissteigerungen aber auch für Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe und Wohngruppen für Mütter oder Väter mit Kind. Für die Verpflegung wird eine Pauschale in Höhe von 5,54 Euro pro Kind oder Jugendlichen durch das Jugendamt bezahlt. „Durch die steigenden Preise für die Gemeinschaftsverpflegung in Kita und Schule wird diese Pauschale aufgezehrt“, sagt Tanneberger. Aus seiner Sicht ist das in vielerlei Hinsicht problematisch. „Zum einen reicht das Geld nicht, um beispielsweise auch die Abendmahlzeiten abzudecken, zum anderen schließt es die Kinder und Jugendlichen in den Heimen von einer qualitativen und selbstbestimmten Versorgung aus. Selbst der normale Gang zum Bäcker ist eigentlich nicht möglich, stattdessen kommen Großpackungen auf den Tisch.“.

 

Träger der Einrichtungen versuchen zwar nachzusteuern, aber zum Beispiel zu Lasten von Freizeitaktivitäten und Ausflügen. „Von einem familiennahen Setting kann keine Rede sein. Wir müssen hier dringend eine Einigung mit dem Jugendamt finden, die uns momentan versagt ist.“, so Tanneberger weiter.

 

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